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Nie wieder Nationalsozialismus

Aufruf der Thüringer Bürgerbündnisse zu Protestaktionen:

Weggeschaut – Verharmlost – Finanziert
Für die sofortige Auflösung des Thüringer Verfassungsschutzes

Die entscheidende Spur der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ führt zurück in die Zeit Ende der 90er Jahre. Es ist eine Zeit, in der ein sozialdemokratischer Innenminister eine Antinazi-Bündnis Demonstration in Saalfeld verbietet und der Verfassungsschutz in seinen Monatsberichten Neo-Nazis verharmlost, aber Gewerkschafter, Linke und Antifaschistische Gruppen diffamiert.
Die zentralen Organisationen der extremen Rechten: der Thüringer Heimatschutz, Blood&Honour und die NPD blühen in dieser Zeit auf, geführt durch hoch bezahlte V-Leute des Verfassungsschutzes. In diesem Klima agierten die Personen, die heute dem NSU zugeordnet werden und die für mindestens 10 Morde verantwortlich gemacht werden.
Ihr Untertauchen, ihre weiter bestehenden Kontakte zu den V-Leuten und die nicht durchgeführten Zugriffe sind Anlaß genug für uns, der offiziellen Version von einer unentdeckten Gruppe kein Wort zu glauben.
Seit vielen Jahren stellen sich zivilgesellschaftliche und antifaschistische Gruppen dem Neo-Nazismus entgegen und werden dafür kriminalsiert. Noch immer laufen hunderte Straf- und Ermittlungsverfahren wegen der Anti-Nazi Blockaden im Februar 2011 in Dresden.

Es ist Advent. Die Zeit der Erwartung. Aber wir erwarten nicht mehr.
Unsere Geduld ist am Ende.
Wir fordern:
Die lückenlose Aufklärung und öffentliche Aufarbeitung der Rolle des Verfassungsschutzes in den Neonazistrukturen
Die Bildung eines Bürgerkommitees zur Auflösung des Verfassungsschutzes
Ein Ende der Kriminalisierung antifaschistischer Arbeit

Protestaktionen am 15.12.2011

16.00 Uhr protestierten wir vor dem Landtag während der Haushaltsverabschiedung: die Abgeordneten billigen dem Verfassungsschutz zu dieser Zeit erneut Millionenbeträge für 2012 zu

18.00 Uhr protestieren wir vor dem Landesamt für Verfassungsschutz,(Haarbergstr.61) in dem die Fäden der Neo-Nazi V(ertrauens)-Leute zusammenlaufen: bringt Scheinwerfer und Taschlampen mit!  Motto: „Licht ins Dunkel bringen“

Im Aufttrag der Thüringenvernetzung

Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Jena
Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar

 

Kommentar des Exministerpräsidenten Bernhard Vogel:

Beunruhigt Sie der Vorwurf, dass mit den Honoraren für die V-Leute die rechtsextremen Strukturen in Thüringen aufgebaut werden konnten?Es beunruhigt mich seit Langem, dass die Notwendigkeit unterstellt wird, V-Leute zu beschäftigen und zu bezahlen. Gleichzeitig kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese jene, die sie bezahlen, schlichtweg belügen.

Sie hegen Zweifel am Sinn der V-Leute? Ich sehe die Notwendigkeit von Verfassungsschutzämtern ein. Ich leugne allerdings nicht, dass ich immer eine gewisse Skepsis gegen Verfassungsschutzämter hegte. Ich habe selten von ihnen Informationen bekommen, die ich nicht vorher schon in der Zeitung gelesen hatte.

http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Bernhard-Vogel-kritisiert-Ermittlungspannen-beim-Verfassungsschutz-1363852856

Neue Studie zum BKA
Versorgungsanstalt für Ex-Nazis

Von Jan Friedmann
AP

SS-Größen in der Führungsetage, Kriegsverbrecher als Ermittler: Das Bundeskriminalamt war jahrzehntelang durchsetzt von Ex-Nazis, blieb deshalb viel zu lange auf dem rechten Auge blind. Eine neue Studie deckt auf, wie die braunen Seilschaften funktionierten.

Hamburg – Salzgitter, in der Nacht vom 19. auf den 20. April. Die Täter haben das Datum mit Bedacht gewählt: der Geburtstag Adolf Hitlers.

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Sie wollen einen Friedhof schänden und die dort begrabenen Opfer der Nazi-Diktatur verhöhnen. Die Unbekannten hinterlassen dazu eine lebensgroße Strohpuppe, die an ihren auf dem Rücken gefesselten Händen aufgehängt ist, wie bei einer Exekution. Die Puppe trägt ein Schild mit der Aufschrift „Deutschland erwache, Israel verrecke“.

Der Fall schlägt Wellen, der Zentralrat der Juden mahnt, die Politik ist besorgt. Das Bundeskriminalamt (BKA) übernimmt, drei Beamte der Sicherungsgruppe in Bonn-Meckenheim leiten fortan eine elfköpfige Sonderkommission. Ihr Ermittlungsansatz scheint vorgegeben durch einen Bericht, den die örtlichen Behörden bereits zwei Tage nach der Schändung dem niedersächsischen Innenministerium vorlegen: Aus der „klar erkennbaren antisemitischen Tendenz“ könne geschlossen werden, „dass die Täter in rechtsradikalen Kreisen zu suchen sind“.

Doch was machen die Elite-Kriminalisten? Sie recherchieren weiträumig, sehr weiträumig. Araber seien verdächtig, folgern sie, schließlich richte sich das Schild gegen Israel. Außerdem Balten, weil laut Ermittlernotizen „diese Volksgruppen stets eine starke Abneigung gegen das Judentum hatten“. Und wie immer im Verdacht: die „Ostzone“.

Also werden überprüft: 77 Araber, 144 Balten und 536 „Angehörige aus der Ostzone“ – alles ohne Erfolg, die Täter bleiben verschollen.

„Prozess des institutionalisierten Vergessens“

Die Episode mit den aktuellen Anklängen spielt im Jahr 1957. Sie ist aufgeführt in einer historischen Studie, die BKA-Präsident Jörg Ziercke heute gemeinsam mit dem Holocaust-Überlebenden Ralph Giordano auf der BKA-Herbsttagung in Wiesbaden vorstellt. Es geht um die Geschichte der Institution und um braune Traditionen bei Deutschlands Spitzenpolizisten.

Die Salzgitter-Ermittlungen leitete beispielsweise der Kriminalist Martin Vogel, der schon im Dritten Reich Karriere gemacht hatte. Er war im Zweiten Weltkrieg von der Berliner Kriminalpolizei zur Einsatzgruppe II abgeordnet, die hinter dem deutschen Heer mordend und brandschatzend nach Polen einrückte. Sein Kollege, ein ehemaliger SS-Hauptscharführer, gehörte dem Einsatzkommando 9 der Einsatzgruppe B an, das in Litauen Juden erschoss – häufig gemeinsam mit osteuropäischen Kollaborateuren.

Knapp drei Jahre lang hat ein unabhängiges Wissenschaftlerteam unter Leitung des Historikers Patrick Wagner von der Universität Halle alte Personal- und Ermittlungsakten des BKA analysiert, dazu Memoranden, Vermerke und Papiere in diversen Archiven.

Die Auftragsarbeit steht in einer Reihe von jüngst erschienenen Publikationen über die NS-Belastung von Ministerien und Behörden. Das Bundesverkehrsministerium etwa veröffentlichte 2007 einen schmalen Band über seine Vorgängerinstitution, ebenso das Verbraucherschutzministerium. Die vor über einem Jahr erschienene umstrittene Studie über das Auswärtige Amt sorgt immer noch für Diskussionen.

Einen ähnlichen Aufruhr wird die BKA-Studie kaum verursachen, weil sich die Autoren im Gegensatz zu ihren Kollegen mit allzu steilen Thesen zurückhalten und ihre Folgerungen gut belegen.

Doch erfreulich für den Auftraggeber ist das Ergebnis nicht. Denn die Historiker präsentieren keine Erfolgsgeschichte. Sicherlich seien die braunen Traditionen nach und nach verblasst, befinden die Wissenschaftler, doch ohne aktives Zutun von Belasteten. Statt eines Lernprozesses, so Historiker Wagner, habe man nur einen „Prozess des institutionalisierten Vergessens“ feststellen können.

Kriegsverbrechen waren kein Hinderungsgrund

Die als „Bundeskopieranstalt“ verspottetete Briefkastenbehörde war in ihren Anfängen ab 1951 vor allem eine Versorgungsanstalt für ehemalige Nationalsozialisten. Kohortenweise kamen dort schwer belastete Polizisten unter, die allermeisten von ihnen durften später unbehelligt und bestens dotiert in Pension gehen.

Im Jahr 1959 etwa rekrutierte sich das BKA-Führungspersonal zu zwei Dritteln aus ehemaligen SS-Mitgliedern, drei Viertel waren ehemalige NSDAP-Mitglieder. Im Jahr 1969 zählte man immer noch ein Viertel SS-Mitglieder – die Hälfte waren ehemalige Parteigenossen.

Eigentlich hatte Bundeskanzler Konrad Adenauer ausgeschlossen, dass Männer mit SS-Vergangenheit wieder Verwendung finden durften. Doch die Kriminalisten strickten unter Führung ihres mächtigen stellvertretenden und späteren Präsidenten Paul Dickopf, selbst ein SS-Mann, erfolgreich an einer Legende: Ihnen sei als Polizisten der SS-Dienstgrad quasi aufgedrängt worden.

Dabei musste man hausintern nicht einmal eigene Verbrechen verschweigen. Ein Kriminalpolizist erwähnte bereits im Bewerbungsgespräch, dass er von einem norwegischen Gericht wegen Verbrechen im Kriegseinsatz „zu lebenslänglicher Zwangsarbeit“ verurteilt worden war – er hatte unter anderem Gefangene gefoltert. Das BKA stellte ihn ein. Einige Personalentscheider wie der Verwaltungschef Eduard Michel waren selbst an den Orten der Nazi-Massenverbrechen gewesen, Michel etwa als Mitglied des Einsatzkommandos 5/II in Polen.

Es fehlte damals, so schreibt der Historiker Imanuel Baumann, „die aus heutiger Sicht selbstverständlich erscheinende Sensibilität dafür, wer auch aus dienstethischen Gründen für den Kriminalpolizeidienst der jungen Bundesrepublik ungeeignet und untragbar sei“.

Erst in den sechziger Jahren kam es zu vereinzelten Disziplinarverfahren und Versetzungen. Doch die Betroffenen fielen weich, auch auf Betreiben der Gewerkschaft der Polizei, deren Rechtsschutz-Service inkriminierte Ex-Nazi-Schergen gerne in Anspruch nahmen. Rudi Leichtweiß, ein SS-Mann der ersten Stunde, wurde beispielsweise ans bundeseigene Institut für angewandte Geodäsie in Frankfurt abgeordnet.

So sehr war das Amt mit sich und seiner Vergangenheit beschäftigt, dass es seine eigentliche Aufgabe als zentrale Informationsbehörde zunächst kaum wahrnahm. Erst Horst Herold, Präsident von 1971 bis 1981, prägte ein neues, liberaleres Klima und vervielfachte die Zahl der Mitarbeiter. Als Cheffahnder gegen die Rote Armee Fraktion geriet dann ausgerechnet der Reformer Herold unter den Verdacht, faschistische Methoden anzuwenden und Deutschland in einen Gestapo-Staat verwandeln zu wollen.

Auf dem rechten Auge blind

Es blieb nicht die einzige historische Ungerechtigkeit in der BKA-Geschichte. Unter den braunen Seilschaften hatten vor allem jene Gruppen zu leiden, die kontinuierlich im Visier der Kriminalisten standen: neben Kommunisten auch „Landfahrer“ – anfangs hießen sie noch „Zigeuner“ – so genannte „Gewohnheitsverbrecher“ und Ausländer.

Für sie schienen die Regeln der Rechtsstaatlichkeit manchmal nicht zu gelten, auch wenn offen rassistische und antidemokratische Äußerungen von BKA-Mitarbeitern in den Akten kaum zu finden sind. Die Ehemaligen hätten sich nur selbst geschadet mit schriftlichen Belegen. Doch man kann nur erahnen, wie es in einer Kollegenrunde beim Mittagessen zugegangen sein muss, in der ein Mann wie Josef Ochs das Wort führte. Der hohe BKA-Beamte schlug noch 1952 vor „Anstalten und Internierungslager für asoziale Ausländer mit ungeklärten Personalien zu schaffen“.

Trotz solchen Personals entwickelte sich, so BKA-Präsident Ziercke, das Bundeskriminalamt zu einer „demokratisch gefestigten Behörde“. Wer noch nationalsozialistisch dachte, unterstützte wenigstens nach außen hin die Demokratie und brachte die junge Republik nicht in Gefahr. Doch die Integration der NS-Täter hinterließ eine Hypothek, mit der das BKA bis heute zu kämpfen hat. „Nicht die Legalität“, schreibt Wagner, „sehr wohl aber die moralische Legitimität des polizeilichen Handelns wurde in solchen Konstellationen fragwürdig.“

Auf dem rechten Auge blind war das Bundeskriminalamt vor allem in seinen Anfangsjahren, als man über all den antikommunistischen Maßnahmen den blühenden Rechtsextremismus vergaß. Laut den Historikern spielten „Ermittlungen gegen Neu-Nazis oder NS-Täter nur eine untergeordnete Rolle“.

Die Friedhofsschänder von Salzgitter wurden erst nach vier Jahren gefasst. Es waren drei junge Rechtsextremisten aus der Region. Der Haupttäter hatte sogar einen militanten Geheimbund gegründet.

Die Gestapo – Die deutsche Polizei im Weltanschauungskrieg (1/3)

Hitlers schärfste Waffe

Film von Wolfgang Schoen und Holger Hillesheim

Am 30. Januar 1933 übernimmt Hitler in Deutschland die Macht, und sofort beginnt die Einschüchterung und Ausschaltung jeglicher Opposition. Da die Polizei dafür noch nicht voll in Anspruch genommen werden kann, bringt Hitler seine paramilitärischen Truppen zum Einsatz. Unter dem Befehl von Ernst Röhm überzieht die „Sturmabteilung“ (SA) der NSDAP das Land mit brutalem, „wilden“ Terror. Im Visier der als „Hilfspolizei“ eingesetzten Schläger sind vor allem Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter; aber auch die deutschen Juden trifft von Anfang ihr Terror.

Aber der offene Terror der SA verschreckt auch manche Anhänger des neuen Regimes. Hitler befiehlt die Einstellung der „wilden“ SA-Aktionen. Die reguläre Polizei soll wieder für Ruhe und Ordnung sorgen – nun allerdings unter nationalsozialistischer Führung. Die Polizei soll zum Machtinstrument des NS-Regimes werden. Das gilt vor allem für die politische Polizei des „Dritten Reiches“: die Gestapo.

Die Gestapo Teil 1

Reinhard Heydrich (Quelle: PHOENIX/SWR/tvschoenfilm)

Im Mai 1933 bezieht die Gestapo ihr Dienstgebäude in der Prinz- Albrecht-Straße 8 in Berlin. Noch ist sie nur für Preußen zuständig, noch ist sie Objekt im Machtkampf der Nazi-Größen. Heinrich Himmler, Reichsführer SS, setzt sich schließlich durch. Im Frühjahr 1934 übernimmt er zusammen mit Reinhard Heydrich die Gestapo im gesamten Reich. Die erste Bewährungsprobe der neuen Formation: Die Ermordung von SA-Chef Ernst Röhm – auf Geheiß Hitlers. Röhm, der aus der SA eine „Volksmiliz“ machen will, steht Hitler im Weg. Der von Gestapo und SS geplanten Mordaktion fallen Ende Juni 1934 etwa 90 Menschen zum Opfer.

Mit der Erstellung eines reichsweiten Karteisystems zur Erfassung von „Gegnern“, der Ernennung Himmlers zum Chef der gesamten deutschen Polizei (1936) und der unaufhaltsamen Kompetenzerweiterung wird die Gestapo zur schärfsten Waffe Hitlers. Die Gestapo verhaftet willkürlich und exzessiv. Die in „Schutzhaft“ genommenen Opfer werden in Konzentrationslager verschleppt. Ihnen wird jeder Rechtsbeistand verweigert.

Zeitzeugen schildern eindringlich die mitleidslosen Methoden der Gestapoarbeit. So zum Beispiel Johann Schwert aus Frankfurt/Main, damals im kommunistischen Widerstand. Er wird verhaftet, gefoltert und muss viele Jahre in Einzelhaft verbringen. Erst 1945 kommt er frei. Nach 1935 überwacht die Geheime Staatspolizei auch die Einhaltung der „Nürnberger Rassegesetze“, und sie ist im Verlauf des mörderischen Pogroms von 1938 auch dafür verantwortlich, dass tausende männliche Juden verhaftet und in Konzentrationslager verschleppt werden.

Die Gestapo Teil 1

Heinrich Himmler (Quelle: PHOENIX/SWR/tvschoenfilm)

Die wachsende Bereitschaft der Bevölkerung zur Denunziation erleichtert der Gestapo den Terror. Josef Niklasch, damals bei den Zeugen Jehovas, und Marie-Luise Schulze-Jahn, damals im studentischen Widerstand, berichten von konkreten Fällen, in denen Hinweise aus der Bevölkerung zur Verhaftung durch die Gestapo führten. Auch bei der Durchsetzung von Hitlers Expansionspolitik spielt die Gestapo eine wichtige Rolle. Ihre Aufgabe ist es, die polizeiliche Macht in den besetzten Gebieten zu übernehmen und jeden Widerstand zu unterdrücken. Sie wird sich aber auch maßgeblich am Völkermord an den europäischen Juden beteiligen.

http://www.phoenix.de/content/phoenix/die_sendungen/dokumentationen/die_gestapo_die_deutsche_polizei_im_weltanschauungskrieg_(1_3)/243527?datum=2010-02-14

1939 sorgt die Gestapo für einen Vorwand zum Angriff auf Polen. Heinrich Müller, ein erfahrener Kriminalbeamter, inszeniert einen angeblichen Überfall polnischer Soldaten auf den deutschen Rundfunksender Gleiwitz. Wenig später wird aus Heinrich Müller „Gestapo-Müller“, der neue Chef der Gestapo.

Gestapo, Teil 2

Kurt Lischka spielt eine entscheidende Rolle bei Vergeltungsmaßnahmen und Geiselerschießungen. Er ist einer der Hauptverantwortlichen für die „Endlösung“ in Frankreich. (Quelle: PHOENIX/ SWR/ tvschoenfilm)

Die Gestapo gehört nun zum „Reichssicherheitshauptamt“ (RSHA, seit 1939), in dem unter Leitung von Reinhard Heydrich die Kriminalpolizei, der Sicherheitsdienst der SS (SD) und die Gestapo zusammengefasst werden. Das RSHA wird zur Zentrale des Terrors.

Mit Hitlers Angriffskriegen weitet die Gestapo ihren Machtanspruch auf ganz Europa aus. Ob in Prag, Kopenhagen, Amsterdam, Paris oder in den polnischen Ghettos – überall entwickelt die Gestapo mörderische Aktivitäten. Es wird erfasst, gefoltert, getötet. Auch die so genannten „Einsatzgruppen“ – Mordkommandos, die im Osten wüten – werden in großem Umfang aus Kräften der Polizei rekrutiert.

SENDETERMIN

Fr, 09.12.11, 01.30 Uhr

Das Reichssicherheitshauptamt übernimmt auch die organisatorische Federführung bei der Deportation und Ermordung der europäischen Juden. Zuständig ist eine eigene Abteilung, unter der Leitung von Adolf Eichmann – mit direktem Draht zu Gestapochef Heinrich Müller. Am Beispiel der Stadt Würzburg dokumentiert der Film, wie sich die Gestapo am Völkermord beteiligte. In Würzburg ist neben schriftlichen Dokumenten eine einzigartige Fotosammlung überliefert, die in erschütternden Bildern der Abtransport von 852 mainfränkischen Juden in die Vernichtungslager zeigt. Ein Mitarbeiter der Gestapostelle Würzburg, der Kriminaloberassistent Oswald Gundelach, begleitet den Transport bis nach Lublin. Nach dem Krieg behauptet Gundelach, er habe lediglich „Arbeiten verrichtet, die vor 1933 und nach 1945 zu den dienstlichen Obliegenheiten der Polizei gehörten.“

In Frankreich bereitet der ehemaligen Leiter der Gestapostelle Köln, Kurt Lischka, die Deportation tausender Juden vor. Dabei helfen lokale Behörden und Informanten. Vom Sammellager Drancy aus werden mehr als 65.000 Juden deportiert, die meisten nach Auschwitz. Kurt Lischka baut die Gestapozentrale in Paris zu einer effektiven Terrorbehörde aus, die auch alle Widerstandsgruppen gnadenlos verfolgt. Peter Gingold, damals als Deutscher Mitglied der Résistance, erzählt, wie er in die Fänge der Gestapo geriet und nur mit knapper Not entkommen konnte. Nach dem Krieg taucht Kurt Lischka unter. Erst als sich Serge und Beate Klarsfeld an seine Spur heften, wird er enttarnt und später zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Osten beginnt im März 1942 die so genannte „Aktion Reinhard“ – Kennwort für die Ermordung von über 2 Millionen Juden in Polen. Ein Spezialauftrag von Heinrich Himmler. Angehörige der Gestapo, des SD, der Kriminal- und Ordnungspolizei töten zehntausende unschuldiger Menschen. Zitate aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen von beteiligten Polizisten dokumentieren die völlige Mitleidlosigkeit der Täter: Polizisten sind zu Massenmörder geworden.

http://www.phoenix.de/247425.htm

In den letzten Kriegsmonaten ist der Gewaltapparat der Gestapo weitgehend auf das „Altreich“ zurückgedrängt. Die Gestapo bekommt eine neue Aufgabe: Sie soll dafür sorgen, dass die Heimatfront hält – um jeden Preis. „Abweichler“, Kritiker und Gegner des Regimes sollen „ausgeschaltet“ werden. Schon kleinste Vergehen werden hart bestraft.

Als Zeitzeugin berichtet Eva Rössner wie ihr Großvater wegen Hören eines „Feindsenders“ mit zweieinhalb Jahren Zuchthaus bestraft wurde. Der Jazzmusiker Emil Mangelsdorff und die Zeitzeugen Wolfgang Lauinger und Franz Kremer erzählen, wie sie als so genannte Swingjugend von der Gestapo verfolgt, verhaftet und gefoltert wurden. Ihr Vergehen: Sie hatten verbotene Jazz-Musik gehört.

Die Gestapo (3/3)

Heinrich Baab, der in der Zeit von September 1942 bis Mai 1943 viele Deportationen sogenannter „Mischehen“ veranlasste. (Quelle: PHOENIX/SWR/tvschoenfilm)

Ins Visier der Gestapo geraten jetzt auch noch jene wenigen Juden, die mit einem nichtjüdischen Partner in so genannter Mischehe leben. Zum Beispiel Clara Greding aus Frankfurt. Ihre Töchter erzählen, wie ihre Mutter in die Lindenstraße 27 bestellt wurde, Sitz der Gestapozentrale in Frankfurt. Hier herrscht Heinrich Baab. Laut späterer Zeugenaussagen soll er sich damit gebrüstet haben, 387 Frauen „vernichtet und ausgelöscht“ zu haben. Baab lässt Clara Greding im Januar 1944 nach Auschwitz deportieren. Dort wird sie ermordet. Heinrich Baab wird nach dem Krieg zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt – eine Ausnahme, viele seiner Gestapokollegen kommen straffrei davon.

In den Millionen im Reich lebenden Zwangsarbeitern sieht die Gestapo seit 1943 ein wachsendes Sicherheitsproblem. Deshalb werden sie misstrauisch überwacht und beim kleinsten Verdacht mit äußerster Härte bestraft. In den letzten Kriegswochen macht sich bei den Verantwortlichen des Terrorsystems Untergangsstimmung breit. Die Organisationsstrukturen zerfallen, die Maschinerie des Terrors gerät außer Kontrolle.

Nicht wenige, die dem Regime bis zuletzt treu und schrecklich dienen, bereiten sich insgeheim auf die Nachkriegszeit vor. In großem Umfang werden belastende Akten vernichtet. Von den Gestapounterlagen bleibt nur ein verschwindend kleiner Teil erhalten. Mit gefälschten Papieren verschaffen sich viele Gestapomänner eine neue Identität. Man hilft sich gegenseitig: Fluchtwege, so genannte „Rattenlinien“ in sichere Zufluchtsländer – meist nach Südamerika – werden eingerichtet. Wenige Jahre nach dem Krieg tun viele wieder Dienst. Nicht selten in leitender Funktion.

geholfen haben

09.12.2011, 06:09
Von Hans Leyendecker

Rechte Helfer im Westen: Den Ermittlern, die die Taten der Zwickauer Zelle aufklären sollen, liegt jetzt eine wichtige Zeugenaussage vor. Ein Rechtsradikaler hat zugegeben, dass das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene in Westdeutschland bekannt gewesen sei. In einem Fall will er mit Kameraden Örtlichkeiten für einen Mord des Terror-Trios ausspioniert haben.

Die mutmaßlichen Mörder der Zwickauer Terrorzelle sollen im Westen Unterstützer gehabt haben. Der Ermittlungseinheit „Trio“, die zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge aufklären soll, liegt die Zeugenaussage eines Rechtsradikalen vor, der nach eigenen Angaben in einem Fall mit Kameraden aus dem Westen Örtlichkeiten für einen Mord ausspioniert haben will. Er sei aber, bevor das Anschlagsziel festgelegt worden sei, abgesprungen. Kurz darauf sei ein türkischer Kleinunternehmer von den Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos erschossen worden.
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Seiner Darstellung zufolge ist das Trio aus dem Osten bei der harten rechtsextremistischen Szene im Westen bekannt gewesen. Man habe gewusst, dass die Killer hinter den Morden an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer steckten. Der Mann, dessen Identität von den Behörden geschützt wird, kann selbst nicht wegen Unterstützung der Terroristen strafrechtlich belangt werden. „Seine Tat wäre jetzt verjährt“, sagte ein Ermittler. Der Zeuge habe nur über den Zeitraum gesprochen, der für ihn strafrechtlich ohne Konsequenzen bleibe. In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Der Unbekannte ist bislang der einzige Rechtsradikale, der sich im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung bei den Behörden gemeldet und wesentliche Angaben gemacht hat. Nach Darstellung von Ermittlern decken sich seine Angaben mit vorläufigen Ermittlungsergebnissen.Ihre Werbung, Ihre Wahl

Es gebe Indizien für eine Zusammenarbeit zwischen dem in Jena 1998 untergetauchten Trio und Kameraden aus dem Westen. „Ein Beweis“ sei das „alles noch nicht“, betonte der Fahnder, aber die These von einer Zusammenarbeit sei „mehr als nur eine Hypothese“. „Wir ermitteln jetzt verstärkt in diese Richtung.“ Die Gruppe sei offenkundig bekannt gewesen und die Morde seien akzeptiert worden: „Möglicherweise wurden die auch als Helden gefeiert.“
Achse Thüringen-Nürnberg

Den Ermittlern zufolge haben die Mitglieder der Terrorzelle Kameraden mit Geld gesponsert. Das Geld stammte aus mindestens 14 Banküberfällen. Zwischen 1999 und 2011 sollen die Terroristen insgesamt 600.000 Euro erbeutet haben. Nach Feststellungen der Fahnder gab es insbesondere zwischen der militanten Szene in Franken und Neonazis in Thüringen enge Verbindungen. „Die Achse Thüringen-Nürnberg war sehr stabil“, sagte ein Ermittler. Auch hätten alte Unterlagen des Verfassungsschutzes die Ermittler auf neue Spuren gebracht. „Wenn wir das Material von Polizei und Verfassungsschutz zusammenbringen, bekommen wir ein völlig neues Bild.“

In Wiesbaden beraten die Innenminister aus Bund und Ländern noch bis diesen Freitag über ein Verbot der rechtsextremen NPD. Während die SPD-geführten Länder ein solches Verbotsverfahren am liebsten sofort anstoßen würden, zeigten sich mehrere CDU-Innenminister am Donnerstag weiter skeptisch. Als Kompromiss könnten die Ressortchefs zumindest einen Fahrplan für ein mögliches Verbot beschließen, hieß es in Verhandlungskreisen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, am Ende werde wahrscheinlich ein „Katalog an Kriterien feststehen“, um ein Verbotsverfahren anzugehen. „Ein Beschluss und ein Antrag auf ein NPD-Verbotsverfahren können erst kommen, wenn die Beweislage eindeutig ist.“

http://www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungen-gegen-die-zwickauer-zelle-nazis-im-westen-sollen-terror-trio-geholfen-haben-1.1230262

 

http://www.sueddeutsche.de/politik/suche-nach-helfern-der-terrorzelle-nsu-die-spur-der-waffen-1.1223286-2

Bildserie zur Blutspur der NSU

http://www.n-tv.de/mediathek/bilderserien/politik/Die-Blutspur-der-Neonazis-article4759951.html

Nazi-Terror – EU-Staaten kämpfen einzeln gegen die rechte Front

Der rechtsextreme Untergrund ist europaweit vernetzt. Seine Verfolger arbeiten im Alleingang - und kommen kaum voran.

© Bild: 2011 dapd/Ronald Wittek

Der rechtsextreme Untergrund ist europaweit vernetzt. Seine Verfolger arbeiten im Alleingang – und kommen kaum voran. von Georg Fahrion, Berlin

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Man sieht es an ihren Händen, dass Angela Merkel Entschlossenheit zeigen will. Als die Bundeskanzlerin auf dem Leipziger Parteitag Mitte November über den sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) spricht, hat sie die Fäuste geballt. Sie hebt sie hoch und senkt sie, immer wieder – es sieht aus, als wolle sie auf den Tisch hauen. „Terrorismus im rechtsextremen Bereich“, sagt Merkel, „das ist beschämend für Deutschland, und wir werden alles tun, um die Dinge aufzuklären.“
Gewalttätige Neonazis sind nicht nur ein deutsches Phänomen. Längst haben sich radikale Nationalisten und Rassisten über die Ländergrenzen hinweg zu einer europäischen Bewegung miteinander verflochten. Eine Grundlage dieser zunächst sonderbar anmutenden Zusammenarbeit ist die Ideologie des „Europas der Vaterländer“. Sie besagt in etwa: Jedes „Volk“ hat sein Existenzrecht – aber säuberlich voneinander getrennt. Juden, Muslime oder Nicht-Weiße sind davon in der Logik der Rechtsextremen ausgenommen.
Eine Bildkombo aus Screenshots zeigt Ausschnitte eines Videos des ... Eine Bildkombo aus Screenshots zeigt Ausschnitte eines Videos des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU)
Beispiele für internationale Neonazi-Kooperationen gibt es reichlich, nicht nur bei den Mitgliedern der NSU, die Trainingscamps in Bulgarien besucht haben sollen. 2009 etwa marschierten Spanier mit bei einer rechten Demonstration in Dresden. In der tschechischen Stadt Jihlva legen rechtsextreme Tschechen Jahr um Jahr Blumen nieder – auf Gräber von Soldaten der SS und der Wehrmacht.
Vor allem die Musik bringt die Szene zusammen. Es sei „mittlerweile gang und gäbe“, dass deutsche Neonazis zu Rechtsrockkonzerten etwa nach Polen, Tschechien oder in die Niederlande fahren, sagt die Rechtsextremismusforscherin Britta Schellenberg vom Münchner Centrum für angewandte Politikforschung. Ab 2005 fand in Thüringen mehrere Male das sogenannte „Fest der Völker“ statt, wo rechtsextreme Redner und Bands aus bis zu einem Dutzend europäischer Länder auftraten. Organisator des ersten Festivals war der damalige NPD-Funktionär Ralf Wohlleben – unlängst festgenommen als mutmaßlicher Unterstützer der NSU.
Der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben (M.) während einer ... Der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben (M.) während einer NPD-Demonstration in Jena
Auch eine rechtsextreme europäische Öffentlichkeit existiert längst. Auf Websites wie Altermedia (World Wide News for People of European Descent) lesen die Rechtextremen Nachrichten. In Blogs wie Gates of Vienna, aus dem sich auch der norwegische Massenmörder Anders Breivik für sein Pamphlet bediente, tauschen sie sich aus.
Von der Verbrüderung zur gemeinsamen Tat ist es manchmal nur ein kleiner Schritt, wie etwa Stanislav Krupa erleben musste. Der Fotograf dokumentiert seit Jahren die rechtsextreme Szene in Deutschland und seiner Heimat Tschechien. Am Rande des Dresdner „Sachsentages“ im Juni 2008, organisiert von der Jugendorganisation der NPD, erkannten tschechische Rechtsextreme den Mann – deutsche Kameraden schlugen ihn anschließend brutal zusammen.
Eine europaweite Koordinierung der staatlichen Gegenmaßnahmen steckt dagegen offenbar noch in den Kinderschuhen. „Ich habe den Eindruck: Man versucht, Verbindungen zu schlagen, aber das ist eher auf persönlicher Ebene und weniger institutionell“, sagt Expertin Schellenberg. Der Politikwissenschaftler Orkan Kösemen, der 2009 für die Bertelsmann-Stiftung die Studie „Strategies for Combating Right-Wing Extremism in Europe“ herausgegeben hat, urteilt gar: „Eine Koordinierung sehe ich nicht. Die einzelnen Staaten beharren da weitgehend auf ihre Hoheitsrechte.“
Erste Ansätze sind jedoch zu erkennen. So arbeiten bei Europol etwa 50 Antiterrorspezialisten, von denen einige auch Rechtsextreme beobachten. Im Bundesamt für Verfassungsschutz gibt es ein Referat, das sich mit international aktiven Rechtsextremen beschäftigt. „Wir arbeiten auch mit anderen Staaten zusammen“, heißt es aus Sicherheitskreisen. Offenbar aber eher punktuell: „Wenn wir wissen, dass eine Person etwas vorhat, geben wir das weiter, und wir ersuchen auch andere Länder nach Informationen.“
Erst die Morde des Anders Breivik haben die Institutionen aufgeschreckt. So kam danach das in Reaktion auf die radikal-islamistischen Anschläge von New York, London und Madrid gegründete First Response Team von Europol erstmals zusammen. Europol-Direktor Rob Wainwright schlug den EU-Innenministern unter anderem vor, eine Taskforce gegen gewaltsamen Extremismus zu gründen. Diese Einrichtung, heißt es bei Europol, sei allerdings „noch im Werden“. Es liegt also noch immer bei den Staaten, gegen gewalttätige Neonazis vorzugehen. Die FTD gibt einen Überblick, wie Europas Regierungen gegen Rechts kämpfen.
Schweden
Ohne Parteienverbot
Für die Überwachung der rechtsradikalen Szene ist der Inlandsgeheimdienst zuständig, der wie der deutsche Verfassungsschutz mit V-Leuten arbeitet. Anders als in Deutschland gelang dies bisher jedoch skandalfrei. Im Gegensatz zu anderen europäischen Diensten, habe der schwedische die Rechtsradikalen kontinuierlich beobachtet, sagt die Journalistin Anna-Lena Lodenius, die rund ein Dutzend Bücher über Rechtsradikale geschrieben hat. Sie schätzt die schwedische Szene heute als „wesentlich kleiner“ ein als noch in den 90er-Jahren, als sie etwa 3000 gewalttätige Personen zählte. Dies liege unter anderem daran, dass ein Teil des Milieus aus dem extremistischen Untergrund in die rechtspopulistische Partei Schwedendemokraten abgewandert sei. Weil Schwedens Verfassung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit einen hohen Stellenwert einräumt, kann der Staat anders als in Deutschland keine Organisationen oder Parteien verbieten. Georg Fahrion
Frankreich

Zentraler Geheimdienst
In Frankreich ist der Inlandsgeheimdienst für die Überwachung von Rechtsextremen zuständig. Von seinen 4000 Angestellten sind 3000 aktive Agenten. Die meisten davon sind in der Nähe von Paris stationiert. Andere schleusen sich undercover etwa in rechte Gruppen ein. Vor Gericht dürfen Geheimdienstler seit diesem Jahr auch unter ihrer falschen Identität aussagen. Rechtsradikale Bewegungen fanden bislang allerdings kaum Beachtung, obwohl 2002 ein Rechtsradikaler versuchte, den damaligen Präsidenten Jacques Chirac zu erschießen. Unter Berufung auf französische Agenten schrieb die Zeitung „Le Figaro“ jüngst, 300 bis 400 Rechtsradikale stünden derzeit unter Beobachtung. Besonders viele Rechte seien im Grenzgebiet zu Deutschland und Belgien aktiv. Dort schneidet auch die rechtspopulistische Partei Front National regelmäßig am besten ab. Bei der Polizei gibt es eine Einheit zur Überwachung von einschlägigen Internetforen. Raniah Salloum
Großbritannien

Legaler Schlägertrupp
Die englischen Rechtsextremen haben 2009 eine Demonstration von radikalen Islamisten als Vorwand zur Gründung der English Defence League (EDL) genommen. Die EDL hat sich zu einem Sammelbecken für Extremisten entwickelt, die Islam- und Fremdenhass vereint. EDL-Märsche, zu denen auch Militante aus dem Ausland anreisen, münden oft in Gewalt. Der norwegische Attentäter Anders Breivik bewunderte die Gruppe. Ihr Unterstützerkreis in England wird von Experten auf etwa 30.000 Menschen geschätzt. Nach Informationen der BBC steht die Gruppe unter der Beobachtung von vier verschiedenen Sondereinheiten der Polizei, darunter etwa die Spezialisten für Extremisten, Terroristen und Hooligans. Zwar wurden geplante Aufmärsche der EDL zuletzt aus Sicherheitsgründen vom Innenministerium verboten, doch die Gruppe selbst bleibt legal. Aufrufe zu Gewalt gegen Minderheiten können jedoch mit Haft bestraft werden.Sebastian Borger
Russland

Harte Strafen
20 Morde mit rechtsextremistischem Hintergrund gab es in diesem Jahr bereits in Russland. Eine hohe Zahl, doch im Vergleich zu früheren Jahren eine Verbesserung, sagt Nataljia Judina, Expertin für Rechtsextremismus am Sowa-Zentrum. Der Rückgang sei darauf zurückzuführen, dass die Obrigkeit nach Jahren der Untätigkeit aufgewacht sei, nachdem rund 1000 Rechtsradikale direkt vor dem Kreml Hetzparolen skandiert und randaliert hatten. „Die meisten Banden sind inzwischen zerschlagen“, sagt Judina. Eine Reihe von Schauprozessen gegen rechtsextremistische Schläger und Mörder endete in diesem Jahr mit langen Haftstrafen für die Täter. Doch ganz bekommen die Sicherheitsorgane die Lage nicht in den Griff: Die Szene ist zersplittert; V-Männer sind kaum im Einsatz. Die Rechten organisieren sich über das Internet und verabreden sich dort zu Straftaten. Meist hinkt die Polizei den Verbrechern einen Schritt hinterher und kommt zu spät für die Opfer. André Ballin

Repräsentative Umfrage

Rechtsextreme Wähler sind männlich, arm, arbeitslos

Rund 80 Prozent der Anhänger rechtsextremer Parteien sind Männer, viele von ihnen sind arbeitslos. Das zeigt eine Studie der Universitäten Gießen und Leipzig.

Wähler rechtsextremer Parteien sind oft männlich, arm, wenig gebildet und arbeitslos. Eine repräsentative Umfrage der Universitäten Gießen und Leipzig ergab, dass jeder fünfte Wähler der NPD, Republikaner und DVU ohne Arbeit ist, wie die Universität Leipzig mitteilte. Bei den Wählern der Linken sei etwa jeder Sechste arbeitslos, von den Nichtwählern etwa jeder Neunte.

Foto: dapd/DAPD
Teilnehmer einer NPD-Veranstaltung: Rechtsextreme Parteien haben einen besonders großen Männeranteil bei ihren Wählern

Die Erhebung ergab weiterhin, dass 80 Prozent der Wähler rechtsextremer Parteien Männer sind. Bei den Wählern der Linken betrug der Männeranteil 62 Prozent und bei der FDP knapp 53 Prozent. SPD und CDU/CSU hatten in ihrer Anhängerschaft 49 und 46 Prozent Männer.

Die Grünen hingegen werden von deutlich mehr Frauen gewählt, hier lag der Anteil der Männer nur bei knapp 37 Prozent.

Bildungsstand überdurchschnittlich niedrig

Der Bildungsstand von Wählern rechtsextremer Parteien ist überdurchschnittlich niedrig. Nur jeder zehnte Wähler von NPD, Republikanern und DVU habe Abitur, hieß es. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden gibt für das Jahr 2010 für die Bundesrepublik einen Abiturientenquote von 26 Prozent an.

Die Wähler der Grünen hatten überdurchschnittlich häufig die Hochschulreife erworben, der Anteil lag bei fast 35 Prozent. Bei den FDP-Anhängern betrug die Quote der Abiturienten rund 24 Prozent, bei Wählern von SPD und CDU/CSU jeweils etwa 14 Prozent.

FDP und Grüne – „Parteien der Besserverdienenden“

Die Autoren der Studie, Elmar Brähler (Universität Leipzig) und Johannes Kruse (Universität Gießen), fanden außerdem heraus, dass Wähler rechtsextremer Parteien häufig über wenig Geld verfügen. Ein Fünftel der Wähler habe ein monatliches Einkommen von weniger als 1000 Euro gehabt. Bei den Wählern von CDU/CSU und der FDP sei es nur jeder Zehnte gewesen.

Brähler und Kruse bezeichneten die Grünen und die FDP als „Parteien der Besserverdienenden“, weil ihre Wähler überdurchschnittlich oft ein hohes Einkommen erhalten. Bei den FDP-Wählern hatten 41 Prozent mehr als 2.500 Euro monatlich zur Verfügung, bei den Anhängern der Grünen lag der Anteil bei 37 Prozent. Die Wähler rechtsextremer Parteien hätten nur zu 20 Prozent mehr als 2500 Euro im Monat verdient gehabt.

Für die Umfrage waren im Sommer dieses Jahres etwa 2300 Menschen im Alter von 18 bis 97 Jahren befragt worden.

http://www.welt.de/politik/deutschland/article13754021/Rechtsextreme-Waehler-sind-maennlich-arm-arbeitslos.html

Naziaufmarsch verhindern!

Kalk macht WIEDER dicht! Den Naziaufmarsch am 10.12.2011 unmöglich machen!

Am Samstag den 10.12.2011 wollen militante Neonazis von den
sogenannten „Freien Kräften Köln“ eine Demonstration in Köln-Kalk
abhalten. Anmelder ist der Pulheimer Neonazi-Führer Axel Reitz. Reitz
ist nicht nur einer der bundesweit führenden Neonazis, sondern soll
laut einem WDR-Bericht auch Kontakte zu den mordenden Neonazis aus
Zwickau gehabt haben. Es ist eine ungeheure Provokation, dass Neonazis
und mutmäßliche Unterstützer der rechtsterroristischen NSU durch den
alternativen und migrantisch geprägten Stadtteil Köln-Kalk marschieren
wollen. Bereits am 19.11. war eine Demo der extrem rechten sogenannten
Bürgerbewegung „Pro Köln“ durch das entschlossene Einschreiten Kalker
BürgerInnen und AntifaschistInnen verhindert worden.
Die Faschisten wollen sich um 12 Uhr an der Haltestelle Kalk-Post treffen.
Auch diesmal gilt es alles zu tun, um den Naziaufmarsch unmöglich zu machen!

10. Dezember – ab 10 Uhr – Haltetstelle Kalk-Post
Infos über twitter: twitter.com/dazwischengehen
KALK MACHT DICHT!

10.12: Naziaufmarsch in Kalk?! – Läuft nicht!

Alle Jahre wieder… Völkischen Freaks entgegentreten.
Nazi-Aufmarsch am 10.12.11 in Köln-Kalk verhindern!

Nazis, Verfassungsschutz, „Staatskrise“. Ausgerechnet jetzt, wo in medialen und politischen Debatten der BRD die schockierte Erkenntnis kursiert, dass Nazis in Deutschland (noch immer) morden. Ausgerechnet jetzt, wo Presse und Politik der BRD immer noch den Skandal um die staatlich organisierte Schützenhilfe des Verfassungsschutzes für den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) verarbeiten. Inmitten dieser heißgekochten Situation über staatliches Versagen bei der „Überwachung“ von Rechtsradikalen planen Nazis der „Freien Kräfte Köln“ (FKK) eine Demonstration, eine „Revanche“ gegen die öffentliche Stimmung und natürlich für „Volkstreue und Vaterlandsliebe“.

7 Jahre ist’s nun her. Zuletzt trauten sich die Nazis der Kölner Region um ihren Möchtegern-Hitler Axel Reitz 2004 nach Köln-Kalk. Damals liefen etwa 150 Nazis mit unfreiwillig umgedrehten Bomberjacken und abgetüteten Springerstiefel durch Kalk und forderten „Deutschland uns Deutschen“. Weit über Tausend AntifaschistInnen und AnwohnerInnen stellten sich den Nazis in den Weg und begleiteten diese bei ihrem Spießrutenlauf, der durch Wurfangriffe und Streckenblockaden einer Tortur für die „Vaterlandstreuen“ glich. Nun wollen sie also wieder wissen.

Diesmal demonstrieren sie nicht nur für ihren üblichen Wahn von „Volk“ und „Vaterland“, sondern allen voran „gegen Polizeirepression und Medienhetze“. In solch einer öffentlich-politischen Stimmung gegen die radikale Rechte nehmen es sich die Kölner Nazis heraus, Repression und „Gewaltakte“ gegen „friedliche Nationalisten“ zum Anlass für einen Auftritt in der “Multikultihochburg” und dem „Szene-“Viertel Köln-Kalk zu nehmen. Sie relativieren damit das Treiben der NSU und inszenieren sich als unschuldige Opfer der Medienlandschaft und der staatlichen Repressionsapparate, die kürzlich eine Saalveranstaltung des Freien Netzes auflöste und einen prominenten Nazi aus den USA, David Duke, kurzzeitig festnahm.

Dabei sollten die Kölner Nazis mit ihrer Unschuldslamm-Linie den Mund nicht zu voll nehmen. Sie waren es, die beim diesjährigen Großaufmarsch in Dresden (Februar 2011) unter unbehelligter Beobachtung der Polizei minutenlang ein linkes Hausprojekt angegriffen haben. Einige Monate später (Mai 2011) waren ebenfalls Kölner Nazikader dabei, als eine (dank der Berliner Polizei) quasi geheimgehaltene Nazi-Demo in Berlin-Kreuzberg auf MigrantInnen losging. Nicht zuletzt sei der Angriff von 20 bewaffneten Nazis auf das Protestcamp am Kölner Rufolfplatz genannt (Juli 2011). Während der Staat keinen Cent scheut, um den Mythos des „Linksextremismus“ zu pflegen und auf Grundlage der „Extremismustheorie“ neben der autonomen Antifa auch breite Anti-Nazi-Bündnisse zu kriminalisieren, gerieten die FKK nur schleppend ins Visier der staatlichen Behörden; zögerlich und erst durch öffentlichen Druck von AntifaschistInnen wurden im Oktober Hausdurchsuchungen bei einigen aktiven Kölner Nazis gebilligt.

Bei solch einer Akte allein im Jahr 2011 ist es nicht wirklich verwunderlich, dass Kölner Nazis – namentlich Axel Reitz – Verbindungen zum Kern-Trio des NSU pflegte. Recherchen des Westdeutschen Rundfunks zufolge begrüßte Reitz im Jahr 2009 die Zwickauer Zelle persönlich bei einem Nazitreffen in Erftstadt. Zudem pflegte er engen Kontakt zum kürzlich verhafteten NSU-Mitglied Ralf Wohlleben sowie zum mutmaßlichen NSU-Unterstützer Bruno Gerlach. Diese Kontakte waren für den Bombenanschlag des NSU in Köln-Mülheim im Jahre 2004 mit Sicherheit relevant.

Sich dann über Repression gegenüber „friedliche Nationalisten“ aufzuregen, ist irgendetwas zwischen lachhaft und eine ungeheure Dreistigkeit – Grund genug jedenfalls, um den Auftritt des Haufen Drecks entschieden entgegenzutreten. Im bekannten „verflixten 7. Jahr“ nach der letzten Blamage wollen die Nazis ihre Schmach von Kalk wiedergutmachen. – Lasst uns diesen Versuch zum Desaster machen!

Naziaufmarsch in Kalk?! – Läuft nicht!

Heraus zur antifaschistischen Aktion!

10. Dezember 2011, 10 Uhr, Kalk-Post (U-Linie 1,9; S-Bhf: Köln Trimbornstraße)

Achtet auf aktuelle Ankündige

http://ajkoeln.blogsport.de/2011/12/06/naziaufmarsch-verhindern/

Auf dem Arbeitsamt kommt die Wende. Trotz oder wegen Rechtsblindheit eine erfolgreiche Karriere beim Verfassungsschutz! Es wäre lustig, wenn diese Blindheit nicht so viele Menschenleben gekostet hätte und den Aufbau eines so großen antidemokratischen Potentials möglich gemacht hat! So ist es nur traurig, beängstigend und wichtig, um hier für eine Wende zu sorgen!

 

http://www.youtube.com/watch?v=73WYiOpQPYY

2. Jenaer Konferenz „Kommunen gegen Rechtsextremismus“

v.l. Dr. Albrecht Schröter, Luise Zimmermann, Peter Reif-Spirek

Jena. „Von Jena geht Ermutigung aus“, sagte Peter Reif-Spirek von der Thüringer Landeszentrale für politische Bildung am Ende der 2. Jenaer Konferenz „Kommunen gegen Rechtsextremismus“ am Samstag, 27. November, im Rathaus. Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter hatte Vertreter von Kommunen und von zivilgesellschaftlichen Initiativen Thüringens, Sachsens und Sachsen-Anhalts eingeladen zu diesem Treffen, an dessen Finanzierung sich die Landeszentralen für politische Bildung in Thüringen und Sachsen-Anhalt beteiligt haben.

Waren es beim ersten Mal im Januar dieses Jahres 16 Städte, die Vertreter geschickt hatten, so waren am Freitag und Samstag, 26. und 27. November, 24 Kommunen mit insgesamt 58 Teilnehmern vertreten. „Es ist deutlich geworden, dass die Zivilgesellschaft angewachsen ist. Die Demonstrationen in Dresden im Februar dieses Jahres haben gezeigt, dass die Zivilgesellschaft in der Lage ist, die Neonazis zu stoppen“, sagte Dr. Albrecht Schröter. Die Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft und Verwaltung sei stärker geworden, obwohl auf diesem Feld noch viel zu tun sei. „Den Neonazis den Raum zu nehmen, ist Aufgabe der Zivilgesellschaft, aber sie braucht dafür die Unterstützung der Verwaltung“, so der Oberbürgermeister.

„Diese Konferenz ist ein einzigartiges Forum im mitteldeutschen Raum geworden, ein Ort, wo zivilgesellschaftliche Initiativen, Verwaltung und Polizei auf Augenhöhe miteinander diskutieren“, so Reif-Spirek. Das sei leider in anderen Städten nicht der Standard. Neu an der 2. Konferenz war, dass nicht nur Vertreter von Verwaltungen und Initiativen teilgenommen haben, sondern auch Vertreter der Innenministerien von Thüringen und Sachsen-Anhalt. Mit der 2. Jenaer Konferenz sei damit ein Anfang gemacht. Die Vertreter der beiden Innenministerien haben zudem Interesse an weiteren Gesprächen kundgetan. „Die Blockaden im Laufe der Zeit zu einer Zivilisierung der Proteste beigetragen, jetzt muss eine Zivilisierung der Polizeieinsätze folgen. Das Votum der Konferenz ist eindeutig: Wir fordern eine Kennzeichnungspflicht der Polizeibeamten bei allen Einsätzen“, sagte Albrecht Schröter. Denn jeder Demonstrant müsse ein identifizierbares Gegenüber bekommen.

Luise Zimmermann vom Jenaer Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus lobte die gleichberechtigte Diskussion von Verwaltung und Zivilgesellschaft. „Das ist ein Gegenbeispiel zu den schlechten Erfahrungen, die wir in der Arbeit am Thüringer Landesprogramm für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit machen mussten“, sagte sie.
Viele Themen wurden während der Konferenz debattiert: Was ist Zivilgesellschaft? Wie können Städte kleinen Gemeinden helfen im Kampf gegen Rechtsextremismus?

Auch die geplanten Demonstrationen im Februar in Dresden waren Gegenstand der Diskussion. „Ich hoffe, dass es uns gelingt, viele Jenaerinnen und Jenaer für Dresden zu mobilisieren“, sagte Luise Zimmermann. Und Albrecht Schröter fügte hinzu, dass er auf seine Amtskollegen zugehen werde. „Ich werde das Forum mitteldeutscher Städte nutzen, um über diese Tagung zu berichten, damit noch mehr Oberbürgermeister und Bürgermeister die zivilgesellschaftlichen Initiativen unterstützen.“

Einhellig wünschten alle Teilnehmer der Konferenz eine Fortsetzung. Denn jede Diskussion fördere die Netzwerkbildung, zwischen Kommunen ebenso wie zwischen Initiativen.

Der geopolitische Alptraum des Iran Film der „Offenen Karten“